e-politik.de - Artikel  ( Artikel-Nr: 726 )


Black and White

Filmplakat - Black and White

Black and White - Schwarz trifft Weiß

Autor :  Andreas Groß
E-mail: redaktion@e-politik.de

Was passiert, wenn man uns alle mischt? Das fragt der neuen Film "Black and White" und meint damit weiße und schwarze Jugendliche im Amerika der Gegenwart. Auf die Antwort wartet man allerdings vergeblich, findet Andreas Groß.


Schon mal einen Gymnasiasten aus Rottach-Egern am Tegernsee mit einer Gruppe Türken im Müchener Stadtteil Neuperlach Süd herumhängen sehen? Wohl kaum. Vielleicht aber gehört dieses Bild auch bei uns bald zur Normalität, wenn sich der neueste Trend aus den USA durchsetzt: Dort zieht es weiße Jugendliche aus wohlhabendem Hause in die schwarzen Viertel der Stadt, wo sie noch das wahre und vor allem coole Leben vermuten. Credibility ist das Zauberwort und glaubwürdig ist in der Scheinwelt des amerikanischen Traums zunehmend nur noch, wer das harte Leben in den Seitenstraßen der Prachtallee miterlebt.

So etwas ist nun selbst für amerikanische Verhältnisse außergewöhnlich. Es hat folglich nicht lange gedauert, bis sich auch die Filmindustrie diesem Phänomen angenommen hat. In "Black and White" erzählt der renommierte Independent-Filmer James Toback die Geschichte von Charlie und ihren Freunden, die sich in den Straßen Harlems wohler fühlen als auf der Upper West Side, eine der feineren Wohngegenden New Yorks. Ihr großes Vorbild ist Rich, Kleingangster und Frauenheld, der gerade an einer Karriere als Rapmusiker bastelt. Seine Freunde sind cool, seine Partys sind cool und wenn eine Gruppe Weißer einen Laden in seinem Viertel aufmachen wollen, brauchen sie seine Erlaubnis. Da stört es wenig, wenn der Plattenverleger nicht an den Erfolg seiner Songs glaubt.

Schwarz ist Trumpf - auch international

Was aber findet Charlie so Besonderes an diesem Lebensstil? Wieso trifft man sie nicht in Chinatown oder Little Italy? Selbst außerhalb der Vereinigten Staaten ist die Kultur der amerikanischen Schwarzen angesagt, während die Minderheiten vor der eigenen Tür meist kaum beachtet werden. In Deutschland beispielsweise gibt es keinen türkischen Popstar, keine vergötterten türkischen Fußballer, ja nicht einmal ein türkischer Schauspieler ist einer breiteren Masse bekannt.

Vielleicht ist es die Geschichte, die den Ausschlag gibt. Schwarze haben in den USA eine Unterdrückung erfahren, wie kaum eine andere Rasse. Sie haben für ihre Freiheit gegen das weiße Establishment gekämpft. Gleichzeitig haben sie sich aber auch stärker als andere Gruppen innerhalb des weißen Systems behauptet. Schwarze Staranwälte, Politiker oder gefeierte Spitzensportler sind ein Beleg dafür. Diese Kombination aus Integration und Originalität könnte es sein, was den besonderen Reiz ausmacht: Keine vollkommen andere Welt, aber immerhin eine Variante. Nirgendwo kommt dies besser zum Ausdruck als in der Musik. Schwarze Musik ist quer durch alle Länder und Gesellschaftsgruppen ein Erfolg und hatte doch immer auch den Ruch des Verbotenen. Früher waren es Blues-Platten, die Jugendliche vor ihren Eltern versteckten. Heute sind es Hip Hop-Scheiben mit dem dicken Aufkleber Adult Advice: Explicit Lyrics. Es ist kein Zufall, dass "Black and White" ausgerechnet in der rührigen Hip Hop-Szene New Yorks spielt.

Claudia Schiffer, Mike Tyson und der Wu-Tang Clan

Diese Atmosphäre hat eine ganze Menge Stars angelockt, die einem irgendwie bekannt vorkommen, wenn auch nicht von der Leinwand. Der Höhepunkt aus deutscher Sicht ist natürlich Claudia Schiffer. Sie spielt Greta, ein blondes Luder und nebenher Doktorandin der Anthropologie. Andere Rollen sind nahe an der Wirklichkeit besetzt: Allan Houston, Basketballstar bei den New York Knicks, spielt ein hoffnungsvolles Basketballtalent, Rich und seine Freunde werden die Film-Rapper und sind tatsächlich allesamt Mitglieder der berüchtigten New Yorker Hip Hop-Gruppe Wu-Tang-Clan. Mike Tyson spielt sich selbst.

Was genau Toback bei all dem Aufwand mit dem Film zeigen will, bleibt dem Zuschauer allerdings auch nach angestrengtem Überlegen verschlossen. Die Faszination der schwarzen Hip Hop Kultur bietet der Story zwar die Basis, wird ansonsten aber geradezu fahrlässig vernachlässigt. Die Erfahrungen farbiger Jugendlicher in einer weißen Gesellschaft sollen es hoffentlich auch nicht sein, dazu tischt "Black and White" einfach ein paar Klischees zuviel auf. In amerikanischen Chats beklagen Jugendliche, dass der Film Schwarze entweder als Rapper in Baggyjeans oder super-sportliche Basketballer zeige, was selbst in New York meilenweit von der Wirklichkeit entfernt sei. Und die Perspektive der schwarzen Frauen gehe gleich ganz unter. Kein Wunder also, dass der Film in den USA lange nicht so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat wie beispielsweise die Werke von Spike Lee. Ein bisschen mehr Grau und etwa weniger Schwarzweiß hätte hier bestimmt nicht geschadet.

Hip Hop bestimmt den Rhythmus

Am Ende bleibt ein Film, der Hip Hop-Fans eine nette Unterhaltung bietet und vor allem durch einen fetten Soundtrack besticht. Das war nicht anders zu erwarten, schließlich würde sich nicht mal Toback getrauen, die Jungs vom Wu-Tang-Clan zusammen mit seichter Unterhaltungsmusik auf eine Filmrolle zu pressen. Wer damit nichts anfangen kann, wird auch dem Film nicht viel abgewinnen können - trotz Claudia Schiffer.


"Black and White" (USA 2000)

seit dem 10. August 2000 in den deutschen Kinos
Regie: James Toback
Buch: James Toback
Produzenten: Michael Mailer, Daniel Bigel
Kamera: David Ferrara
Mit:
Robert Downey Jr. (Terry Donager)
Brooke Shields (Sam Donager)
Ben Stiller (Cop Mark)
Oli "Power" Grant (Rich Power)
Allan Houston (Dean)
Claudia Schiffer (Greta)
Bijou Phillips (Charlie)
Elija Wood (Wren)

Foto: Copyright liegt bei Columbia Tri Star Film GmbH




Weiterführende Links:
   Deutsche Homepage zum Film: http://www.black-and-white-der-film.de/


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