e-politik.de - Artikel  ( Artikel-Nr: 723 )


Korea - geteiltes Land

Die koreanische Halbinsel

Netzreportage - Der Gipfel der beiden Kims (02.08.00)

Autor :  Christine Frühholz
E-mail: redaktion@e-politik.de

Für Südkorea war es das Medienereignis des Jahres: Die Präsidenten Nord- und Südkoreas reichten einander bei den ersten Gipfelgesprächen beider koreanischer Oberhäupter seit dem Zweiten Weltkrieg die Hand. Ein Abkommen soll die Annäherung voranbringen


Geradezu herzlich wirkte der Empfang, den Kim Jong Il seinem südkoreanischen Gast bereitet hatte, als er Kim Dae Jung am 13. Juni persönlich am Flughafen der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang begrüßte. Ein historischer Moment, schließlich galt die Demarkationslinie entlang des 38. Breitengrades seit Ende des Koreakrieges bislang selbst für die Ranghöchsten beider Seiten als nahezu unüberwindbar. Denn das Kriegsende 1953 bedeutete keinen Frieden, sondern lediglich einen Waffenstillstand. Doch selbst dieser steht immer noch auf wackeligem Untergrund, denkt man etwa an das militärische Intermezzo im Juni letzten Jahres, als nordkoreanische Militärschiffe das nördliche Territorium auf See verlassen hatten und ein Zusammentreffen mit dem südkoreanischen Militär mehrere Tote und Verwundete forderte.

Etappen der Annäherung

Durch und durch von Misstrauen ist das Verhältnis beider Staaten geprägt, woran auch der 1991 unterzeichnete "Grundlagenvertrag" nichts geändert hat, ein Abkommen über Versöhnung, gegenseitigen Nichtangriff, Zusammenarbeit und Austausch zwischen Nord und Süd. Dieser dennoch wichtige Schritt der Annäherung nach der gemeinsamen Erklärung der beiden Teilstaaten 1972 ist nun die Basis für die auf dem Gipfel in Pjöngjang unterzeichnete 5-Punkte-Erklärung. Als langfristiges Ziel gilt die Wiedervereinigung beider Staaten aus dem Volk heraus. Der für das koreanische Volk aber momentan wohl dringlichste Punkt ist die Frage der Familienzusammenführung. Im Gegenzug zu wirtschaftlicher Unterstützung will sich Nordkorea dazu bereit erklären, gegenseitige Besuche von Familienangehörigen über die Grenze hinweg zuzulassen. Dies wäre ein erster Durchbruch, denn laut Statistik des Ministeriums für Wiedervereinigung im südkoreanischen Seoul besitzen etwa 7,6 Millionen Einwohner Südkoreas Verwandte im Norden, von denen sie seit über fünfzig Jahren kein Lebenszeichen erhalten konnten. Aber auch der Verzicht auf Langstreckenraketen und ein Versprechen zum Stopp des Atomprogramms wird im Gegenzug zu weitreichender Unterstützung des von Hungerskatastrophen stark mitgenommenen Landes erwartet.

Den formellen müssen nun praktische Schritte folgen

Noch ist das Abkommen allerdings bloß eine formale Hülse, die es nun inhaltlich zu füllen gilt.

Nachdem das 1994 geplante Gipfeltreffen zwischen den damaligen Präsidenten, Südkoreas Kim Young Sam und dem nordkoreanischen Diktator Kim Il-sung aufgrund dessen plötzlichen Todes geplatzt war, liegt die Weiterführung der Annährung nun an dessen Sohn Kim Jong Il, der die erste vollzogene dynastische Erbbfolge in der Geschichte des Kommunismus angetreten hat. Ebenso wie an seinem Amtsbruder im Süden, der bereits im Frühjahr 1999 - in Anlehnung an die Ostpolitik Brandts in den 70er Jahren - mit seiner so genannten "Sonnenschein-Politik" einen Wandel durch Annäherung noch einmal untermauert hatte.

Inzwischen sind bereits Ende Juni Delegierte des Roten Kreuzes in Nord- und Südkorea zusammengetroffen, um einen Kompromiss in der Familenzusammenführung in nächster Zeit auszuhandeln. Und auch die USA als wichtigster Verbündeter Südkoreas haben mit einer Lockerung ihrer Sanktionen gegenüber dem kommunistischen Staat im Norden auf dem Gipfel der beiden Kims erste Reaktionen gezeigt. Und bereits zwei Tage später passierte eine Lieferung des Getränkeherstellers Coca-Cola als erste amerikanische Handelsware die Grenze Nordkoreas.

Man darf also vorsichtig optimistisch sein. Allerdings sind sich die Regierungen beider Staaten einig, dass es wohl noch Jahrzehnte und nicht etwa Jahre dauern könnte, bis ein geeintes Korea die beiden jetzigen Systeme, die kommunistische Diktatur im Norden und die kapitalistische Präsidialdemokratie im Süden ersetzt. Finanziell gesehen wären für eine erste Sanierung der nordkoreanischen Infrastrukutur nach Schätzung des Forschungsinstituts für wirtschaftlichen Aufbau in Seoul etwa 65 Millionen US-Dollar nötig.

Die Vorbildrolle, die der deutschen Wiedervereinigungspolitik von verschiedenen Seiten nachgesagt wurde, dürfte damit relativiert werden. Was letztlich nicht verwundert, befanden sich Nord- und Südkorea nicht nur im 'Kalten Krieg', sondern mussten auch zwischen 1950 und 1953 eine 'heisse Phase' des Krieges durchleiden, die weitaus tiefere Spuren im koreanischen Volk hinterlassen hat.

Foto: Copyright liegt bei der Regierung von Südkorea





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