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e-politik.de - Artikel
( Artikel-Nr: 2051 )Was wird uns blühen? Autor : Thomas Bauer Ein Krieg im Irak wird trotz aller diplomatischen Bemühungen immer wahrscheinlicher.
Wie ein solcher Konflikt aussehen wird ist ebenfalls beschlossene Sache. Wie er
enden wird ist auch schon klar. Oder?
Von Thomas Bauer Das Problem vieler Kriegsgegner in der gegenwärtigen Situation besteht darin,
sich für eine der beiden Positionen zu entscheiden, die die USA vorgegeben haben.
Entweder für oder gegen Washington! Das hat man auch den Europäern seit dem
11. September mit dem Vorschlaghammer eingeprügelt. Die Bundesregierung hat in
den letzten Wochen auf eine sehr ungeschickte Art und Weise eine weitere Tür
zur Lösung des Irak-Konflikts aufgehebelt. Diplomatie führt uns zum Ziel, so
der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung vom 13. Februar. Der Weg klingt
gut, doch das Ziel scheint weit entfernt. Das sehen auch die Demonstranten. Die Sehne ist gespannt Seit Monaten verschiffen die USA große Mengen an Ausrüstung und Personal in die
Golfregion. Die logistischen Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, die Hauptquartiere
für die Einsatzführung sind vorbereitet. Am 13. Februar hat sich der
Commander in Chief, General Tommy Franks vom US Central Command auf den Weg
nach Quatar gemacht. Mehrere Flugzeugträger mit ihren Begleitverbänden sind in
den Gewässern um die Krisenregion in Position gegangen. Die Sehne ist gespannt.
So sehr man sich den Frieden wünscht, so ehrlich muss man eingestehen, dass die
USA so kurz vor dem finalen Schuss den Bogen nicht senken werden. Ein diplomatische
Lösung kann lediglich verzögernd wirken, verhindern können Frankreich und
Deutschland mit ihren diversen Zwischenrufen den Krieg jedoch nicht. Diplomatische und völkerrechtliche Untiefen Und darin liegt ein Problem für die weitere Vorgehensweise der Kriegsgegner.
Sollten die USA mit einer Koalition der Willigen losschlagen, dann hat sich
der UN-Sicherheitsrat in eine verzwickte Lage gebracht. Bleibt ein eigenmächtiges
Vorgehen, das dazu noch als Angriffskrieg deklariert werden müsste, unbestraft,
verlieren die Vereinten Nationen ihre Glaubwürdigkeit. Doch wer rechnet
in diesem Fall wirklich mit Sanktionen der UN gegen die USA? Und wie sollte
sich anschließend die NATO verhalten? Belgien, Frankreich und Deutschland sähen
sich genötigt, einen Nato-Beschluss zur Unterstützung der USA abzulehnen.
Doch was passiert im Falle eines irakischen Angriffs auf die Türkei? Wie
reagiert man als transatlantisches Verteidigungsbündnis auf selbstverteidigende
Maßnahmen des Irak in Folge eines nicht tolerierten Präventivschlags der USA?
Wo steht dann die Bündnispflicht im Verhältnis zur Charta der Vereinten Nationen,
die ja auch Grundlage des NATO-Vertrags ist? Ein Weg aus diesen diplomatischen
und völkerrechtlichen Untiefen zu finden scheint unmöglich. Die Grenzen der elektronischen Kriegsführung Man könnte nun darauf hoffen, dass der Krieg, wenn er sich schon nicht verhindern
lässt, wenigstens schnell, sauber und unblutig verläuft. Doch er wird genauso
langwierig, schmutzig und mit Verlust von Menschenleben verbunden sein wie die
kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten 12 Jahre. In der irakischen
Zivilbevölkerung waren 1990/91 zwischen 75.000 und 150.000 Opfer zu beklagen.
Der High-Tech-Krieg gegen Milosevic wurde unter der Vorgabe
gestartet "keine Kollalateralschäden, Infrastruktur weitestgehend intakt
halten, serbisches Militär zerstören". Das Ergebnis nach 92 Tagen Luftkrieg
waren jedoch hohe Verluste unter der Zivilbevölkerung und die Zerstörung der
Infrastruktur. Dagegen wurden nur 13 serbische Panzer vernichtet. Und wer
will wirklich behaupten, dass der Afghanistan-Feldzug siegreich beendet wurde?
Noch nicht einmal in der Hauptstadt Kabul ist man als Verteidigungsminister sicher. Gerne wird der technologische Vorteil der USA angeführt. Zielaufklärung,
Zielerfassung, Zielbekämpfung werden durch die "revolution in military affairs"
zum computergesteuerten chirurgischen Eingriff. Der Computer denkt und lenkt,
der Soldat wird zum reinen Waffensystemträger degradiert. Doch für diese Art
der Kriegführung benötigt man Ziele. Im Feldzug 1990/91 lag genau hier der
Fehler Saddam Husseins. Er bot den USA die nötigen Ziele. Seine
Panzer- und Artillerieverbände standen gut sichtbar in Mitten der Wüste.
Die meisten der Fahrzeuge waren dazu noch eingegraben, wie dies auch in
Afghanistan bei den wenigen Panzerfahrzeugen der Taliban der Fall war. Für
einen Gegner, der die absolute Lufthoheit besitzt, ein gefundenes Fressen.
Bereits im Kosovo-Krieg hatte Milosevic daraus gelernt und seine Verbände
näher an Ortschaften und in uneinsehbares Gelände verlegt. Saddam setzt auf den Medienkrieg Der irakische Diktator dürfte mittlerweile ebenfalls erkannt haben, dass seine
einzige Chance darin besteht, die USA bloß zu stellen. Schon die Tatsache,
dass die USA vermutlich ohne UN-Resolution auf eigene Faust zuschlagen werden, dürfte
sich bei einem längeren Kriegsverlauf positiv für ihn bemerkbar machen. Da er
keine Chance hat, militärisch zu bestehen, muss er den Medienfeldzug für sich
entscheiden. Tagelange Bombardements ohne klar erkennbare Erfolge werden die
amerikanische Regierung der Unterstützung ihrer Bevölkerung berauben. Genauso
wie ein blutiger Orts- und Häuserkampf mit Bildern von getöteten Zivilisten
und entnervten US-Soldaten. Selbst die wenigen wirklich loyalen Verbände der
Republikanischen Garde - man geht dabei von 25.000 Mann aus - reichen aus,
um an wenigen Schwerpunkten die Horrorvorstellung für Washington zu
inszenieren: Ein Guerilla-Krieg in Wohnhäusern! Darauf sind die USA nicht vorbereitet. Als Wendepunkt der Geschichte wird die derzeitige Lage gerne bezeichnet.
Es geht nicht nur um Krieg und Frieden im Irak. Es geht um nicht weniger als
die zukünftige Weltordnung. Wer bestimmt die Linien der Politik? Ein Gremium
gleichberechtigter Staaten, die als letztes Mittel auch militärische Gewalt
anwenden können, oder eine Supermacht, die in Missachtung
aller internationalen Gremien ihre politischen Interessen vornehmlich durch die
Anwendung ihres Militärapparats durchsetzt?
E-mail: redaktion@e-politik.de
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