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Die Chaos Wahl Italien - ein Gastkommentar aus Neapel

Autor :  e-politik.de Gastautor
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Italien hat gewählt. Einer der größten Lagerwahlkämpfe der italienischen Geschichte ist vorbei. Der Sieger: Silvio Berlusconi. Dabei lief die Stimmabgabe so chaotisch ab, wie in keiner Wahl seit 1946. Aus Neapel: Gastautorin Gabriella Scardino.


Wenn man dachte, dass mit der großen Pfuscherei der US-Präsidentschaftswahlen die Schwelle des Lächerlichen schon überschritten worden ist, dann muss man sich daran erinnern, was in Italien passiert ist. Dort hielten die Parlamentswahlen vom 13. Mai Überraschungen bereit, die die besten Kriminalfilme übertreffen. Es herrschte das übliche italienische Chaos, selbst bei der Ausübung des Wahlrechts. Tatsächlich wurde dieses Jahr die Zahl der Wahllokale nahezu um ein Drittel verringert. Die Konsequenz war ein Massenandrang an den Wahlurnen. Ein praktisches Beispiel: Wählten in einem neapolitanischen Lokal 1996 ungefähr 600 Menschen, so mussten nach der Zusammenlegung der Abstimmungsräume dieses Jahr dort knapp 1.200 Personen ihre Stimme abgeben.

Besonders in Neapel und in Rom kam es zu Konfusionen. Eigentlich hätten die Wahllokale nach dem Gesetz um 22.00 Uhr schließen müssen. Doch durch den Ansturm konnten viele Wählerinnen und Wähler, die vor 22.00 Uhr die Schulen betreten hatten, nicht vor ein Uhr Nachts ihre Stimme abgeben. Ein Bürger in Reggio Calabria konnte schließlich erst um 4.30 Uhr sein Wahlrecht ausüben.

Die Stimmung in Rom und Neapel war äußerst gespannt: Ein Wahllokal war bereits verwüstet worden. Der Zorn wartender Demokraten. In einem anderen Abstimmungsraum zerrissen Wähler als Zeichen des Protestes gegen die schlechte Organisation ihre Wahlkarten. Am Wahlnachmittag versuchten die Behörden noch zu reagieren, indem sie weitere Wahlkabinen aufstellten. Innenminister Enzo Bianco entschuldigte sich als Verantwortlicher bei den Italienern - ein beschämender Zustand.

Von Mitte-Rechts bis Mitte-Links

Wie auch immer: Das Mitte-Rechts-Bündnis - bis auf Casinis CCD - hat erwartungsgemäß gewonnen. Mitte-Links, wegen dem Spitzenkandidaten Rutelli in die Democratici di Sinistra und das Bündnis Margherita gespalten, hat schwere Fehler begangen. Der größte von allen war, dass keine Verständigung mit der Partei Rifondazione Comunista gefunden wurde. Eine Vereinbarung hätte der Linken knapp fünf Prozent mehr Stimmen sichern können.

Ein weiterer Irrtum war die Zersplitterung vieler eher linker Kleinparteien, die in der utopischen Annahme, eine dritte Kraft bilden zu können, allein in die Wahl gegangen waren. Für die Weigerung, sich mit Ulivo zu verbünden, haben sie einen hohen Preis gezahlt: Ihr Ziel ist gescheitert und aufgrund der Vier-Prozent-Hürde der Stimmen im Verhältniswahlrecht werden sie aus dem Parlament verschwinden. Betroffen hiervon sind die Partito Radicale, die Democrazia Europea - eine vor zwei Monaten entstandene Splitterbewegung - und die Liste Italia dei Valori des ehemaligen Staatsanwaltes Antonio di Pietro. Di Pietro erreichte mit seiner Partei lediglich 3,9 Prozent, was nicht ausreicht, um in das Abgeordnetenhaus einzuziehen. Allerdings konnte er einen Sitz im Senat erobern.

Verleumdungskampagne statt Programm

Auch in diesem Fall liegt die Schuld bei Rutelli, der den Dialog mit diesen politischen Kräften nicht gesucht hat. Darüber hinaus betrieb die Linke, statt einen programmatischen Wahlkampf zu führen, eine Verleumdungskampagne gegen Berlusconi, die sich am Schluss gegen sie selbst wendete.

Was die Mitte-Rechts-Koalition betrifft, konnte die Forza Italia Berlusconis, stärkste Partei Italiens, der Lega Nord Umberto Bossis viele Stimmen wegnehmen. Mit Mühe konnte er noch knapp vier Prozent erreichen. Die Alleanza Nazionale von Gianfranco Fini verlor weniger Stimmen und kommt mit knapp 12 Prozent recht glimpflich davon. Die großen Verlierer sind die gemäßigten Kräfte des Centro-Destra. CCD und Rocco Buttiglionis CDU haben beide die vier Prozent nicht erreicht und sind nun im Parlament nicht mehr vertreten.

Übersetzung aus dem Italienischen: Roman Maruhn




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