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Flagge Argentinien

Argentinien bleibt sich treu

Autor :  Christian Peters
E-mail: redaktion@e-politik.de
Artikel vom: 28.04.2003

Nach den Präsidentschaftswahlen in Argentinien werden die Peronisten Carlos Menem und Néstor Kirchner in die Stichwahl gehen. Ein Kommentar von Christian Peters.


Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in Argentinien hatte es eine Weile so ausgesehen, als könnte Argentinien einen historischen Schritt tun und aus dem langen Schattens von General Juan Domingo Perón heraustreten. Denn der Riss durch seine 1945 gegründete "Gerechtigkeitspartei" reicht so tief, dass man sich nicht auf einen Präsidentschaftskandidaten hat einigen können und so gleich deren drei ins Rennen schickte. Diese Überheblichkeit ist allerdings nicht bestraft worden. Das vorläufige Endergebnis der Wahlen sieht zwei Peronisten vorne: Carlos Menem mit 24,34 Prozent und Néstor Kirchner mit 21,99 Prozent der Stimmen. Nachdem keiner der insgesamt 19 Kandidaten die erforderliche Mehrheit von 45 Prozent oder mindestens 40 Prozent und 10 Prozent Vorsprung vor dem nächsten Verfolger erreicht hat, werden sich Menem und Kirchner am 18. Mai einer Stichwahl stellen.

Das Ende des Zwei-Parteien-Systems ...

Damit hat das argentinische Volk sein Schicksal einmal mehr in die Hände der schillernden Bewegung gelegt, die wie kein zweites soziales Phänomen die Brüche und Widersprüche des Landes symbolisiert. Geriet doch Peróns Vision von sozialer Gleichheit und Gerechtigkeit, von einer "dritten Position" zwischen Kommunismus und Kapitalismus, zu einer diffusen Melange von Sozialromantik, Mystik und faschistoider Symbolik, die für den externen Betrachter kaum zu verstehen war. Eben eine "komische Illusion" wie der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges einmal bemerkte. Noch heute bilden die Legenden um Perón und seine Frau Evita den Kit für eine Bewegung, die sich seit dem Tod des übermächtigen Führers 1974 vor allem der Verwaltung der eigenen Macht verschrieben hat.

Ein halbes Jahrhundert lang stand der "Gerechtigkeitspartei" Peróns als einziges politisches Gegengewicht die "Radikale Bürgerunion" gegenüber. Zusammen mit den gemäßigten Rechten der "Frepaso" hatte die älteste Partei des Landes 1999 die Wahlen für sich entschieden, war aber Ende 2001 nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch und der Entmachtung des Präsidenten Fernando de la Rúa in der Bedeutungslosigkeit versunken. Während ihr eigener Kandidat, Leopoldo Moreau, ohne Chancen in diese Wahlen gestartet war, hofften viele Argentinier, dass zwei Abtrünnige der Radikalen die alten Machtstrukturen würden aufbrechen können.

Aber kein Neubeginn ...

Tatsächlich ist Elisa Carrió, der christlich-sozialen Korruptionsgegnerin, bei dem Urnengang mit 14,15 Prozent der Stimmen ein beachtliches Debut gelungen. Viele Unzufriedene hatten aber vor allem auf ein starkes Abschneiden des ehemaligen Verteidigungs- und Wirtschaftsministers Ricardo López Murphy gesetzt. Im Unterschied zu seinen politischen Gegnern wohltuend sachlich argumentierend hatte er in den letzten Wochen zunehmend Stimmen vor allem auch des traditionell peronistischen Mittelstandes gewinnen können, der durch die Krise verelendet ist. Aber auch López Murphy vermochte es nicht die Stichwahl zweier Peronisten zu verhindern. Mit 16,35 Prozent der Stimmen blieb er deutlich hinter dem Ergebnis von Menem und Kirchner zurück.

So steht mit Carlos Menem wieder der Mann im Mittelpunkt des Geschehens, der während seiner zehnjährigen Amtszeit 1989-1999 durch die Kopplung des Peso an den Dollar und einen konsequenten Privatisierungskurs der Bevölkerung ein paar fette Jahre beschert hatte, unter dessen Regierung aber auch die Zivilgesellschaft zum Opfer von Korruption und Verschwendung wurde. Seine Anhänger scheint die Überzeugung zu vereinen, dass nur ein skrupelloser Machtpragmatiker vom Schlage Menems das Land wieder auf Kurs bringen kann. Dass diesen einst nur ein dubioser Richterspruch vor einer Verurteilung wegen illegaler Waffengeschäfte bewahrt hat, ist da eher eine Empfehlung denn ein Hindernis. Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben nennt man das wohl.

Weite Kreise der Bevölkerung scheuen den smarten "Türken" allerdings wie der Teufel das Weihwasser. Sie werden alles tun, um einen Sieg Menems zu verhindern und bei der Stichwahl für Néstor Kirchner stimmen. Der Gouverneur der Ölprovinz Santa Cruz kann auf die Unterstützung durch den Interimspräsident Duhalde und den mächtigen peronistischen Apparat zählen. Allerdings ist fraglich, ob der wenig charismatische Kirchner das Format hat, die notwendigen Reformen auf den Weg zu bringen.

Zwar gibt die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Monate vor allem in den Sektoren Industrieproduktion, Bauwirtschaft und Landwirtschaft Anlass zu vorsichtiger Hoffnung, aber jeder weiß, dass die argentinische Krise nicht durch wirtschaftspolitische Entscheidungen allein gelöst werden kann. Dazu bedarf es nichts weniger als einer radikalen Erneuerung des Landes. Diese Herkulesaufgabe in die Hand der Partei gelegt zu haben, die selbst ein Symbol der überkommenen gesellschaftlichen Strukturen ist, kann sich als fataler Fehler erweisen.


   


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