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e-politik.de - Home  Brennpunkt  Politik in Deutschland   Die Wehrdebatte


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BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Wehrpflicht: Programmiertes Desaster oder neue Hoffnung?

Autor :  Konrad Kögler
E-mail: redaktion@e-politik.de
Artikel vom: 08.06.2002

Spätestens nach der Bundestagswahl wird die Wehrpflichtdebatte in die nächste Runde gehen. e-politik.de stellt die Positionen der im Bundestag vertretenen Parteien und von Verbänden dazu vor. Konrad Kögler nimmt die Grünen unter die Lupe.


Seit Jahren ist der Kampf gegen die Wehrpflicht als umstrittenem Zwangsdienst aufs engste mit BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN verknüpft. Vor allem die verteidigungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion und laut ZEIT profilierteste Wehrexpertin im Bundestag, Angelika Beer, und ihr Stellvertreter Winni Nachtwei wiederholten in unzähligen Reden und Interviews diese Forderung kompetent und pointiert.

Differenzen mit dem Koalitionspartner

In der rot-grünen Koalition biss die grüne Fraktion in diesem Punkt allerdings auf Granit, da Verteidigungsminister Scharping mantraartig wiederholte, dass die Wehrpflicht unverzichtbar sei. In den vergangenen Monaten wurde die Forderung nach der Abschaffung der Wehrpflicht von der Parteiführung dementsprechend wesentlich defensiver vertreten.

Grüne Glaubwürdigkeitsprobleme

Die Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär, die das im April erledigte Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht auslöste (e-politik.de berichtete), zog bereits 1999 aus Protest gegen den Kosovo-Krieg als Untermieterin aus der Landesgeschäftsstelle der Berliner Grünen aus.
Aber auch viele andere Wehrdienstgegner und Verweigerer äußerten sich in letzter Zeit enttäuscht über die Grünen. Auf der Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) zum Grundsatzprogramm im März in Berlin fand sich im Entwurf der Programmkommission kein Sterbenswörtchen zur Wehrpflicht. Erst auf einen Antrag von Winni Nachtwei hin wurde eine kurze Passage eingefügt.
Dies geschah interessanterweise parallel zu den medienwirksamen Ankündigungen von Jürgen W. Möllemann, dass die FDP Unterschriftenkampagnen und Postkartenaktionen gegen den Zwangsdienst initiieren wird. Es drängte sich der Eindruck auf, dass es sich mehr und mehr nur noch um ein Lippenbekenntnis der Berliner Parteispitze handelte, als Fritz Kuhn und Jürgen Trittin in Randbemerkungen ihrer BDK-Reden die Wehrpflicht thematisierten.

Die Wehrpolitiker - wo sind sie geblieben?

Die Skepsis wächst noch, wenn man sich vor Augen hält, dass Angelika Beer auf dem schleswig-holsteinischen Landesparteitag aus satzungsrechtlichen Gründen nicht mehr für den nächsten Bundestag kandidieren konnte (e-politik.de berichtete). Ihr Vertreter Winni Nachtwei wurde nur auf den relativ unsicheren Platz 10 in Nordrhein-Westfalen gesetzt.
Wer kann also die fundierte, seit Jahren kontinuierlich ausgearbeitete Konzeption der Grünen zur Aussetzung der Wehrpflicht, der Verkleinerung der Bundeswehr und der Konversion des Zivildienstes ab dem Sommer vertreten, falls auch Winni Nachtwei nicht mehr in den Bundestag einziehen sollte?
Fest steht, dass sich die Reihen des gesamten AK IV, des außen- und sicherheitspolitischen Arbeitskreises der Fraktion, stark lichten werden. Auch Helmut Lippelt, Rita Grießhaber und Christian Sterzing werden aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr im nächsten Bundestag vertreten sein.

Prognosen für die nächste Legislaturperiode

Die Meinungen über die Konsequenzen dieser Situation sind recht unterschiedlich: Während einige Bundestagsabgeordnete ein Desaster heraufziehen sehen, glauben andere, dass es gut möglich sein wird, die entstandenen Lücken zu kompensieren.
Anzuerkennen bleibt allerdings, dass die Forderung nach der Abschaffung der Wehrpflicht im beginnenden Bundestagswahlkampf wieder deutlich tatkräftiger und offensiver zu vernehmen ist: Vor wenigen Wochen legte das Kabinett die Stärkung des freiwilligen sozialen und ökologischen Jahres fest. Die Delegierten auf der Wahlprogramm-BDK in Wiesbaden Anfang Mai wurden mit einem pointierten Plakat gegen die Wehrpflicht direkt am Halleneingang empfangen: "Freiwilliges ökologisches und soziales Jahr statt Wehrpflicht!"

Freiwilliges Engagement statt Dienstpflicht

Bei der Debatte um das Bundestagswahlprogramm scheiterte der Kreisverband Osnabrück-Land mit seinem Plädoyer für ein soziales Pflichtjahr beider Geschlechter deutlich. Nachdem Biggi Bender, die wahrscheinlich als Sozialpolitikerin im nächsten Bundestag vertreten sein wird, diesem Vorschlag mit deutlichen Worten widersprochen und ihn als unvereinbar mit den Grundsätzen der Bürgerrechtspolitik bezeichnet hatte, erhielt die Forderung nach der Dienstpflicht nur drei von 750 Delegiertenstimmen.
Aus grüner Sicht ist die Wehrpflicht ein tiefer Eingriff in die Freiheit des Einzelnen, der nach der Verfassungstradition des Grundgesetzes nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn er erforderlich und verhältnismäßig ist. Dieselbe Messlatte müsste auch an die Einführung eines sozialen Pflichtjahres angelegt werden, die immer wieder in die Diskussion gebracht wird (e-politik.de berichtete).
Der Wegfall der Zivildienstleistenden soll stattdessen durch eine gezielte Förderung des freiwilligen Engagements kompensiert werden. Hierzu gibt es seit einigen Jahren sehr interessante Vorschläge mehrerer Wohlfahrtsverbände, die von der grünen Fraktion sehr positiv aufgenommen wurden.

Thema Wehrpflicht wieder aktuell

Verschiedenste führende Grüne von Claudia Roth bis Rezzo Schlauch versicherten, das Thema Wehrpflicht im Wahlkampf vehement aufzugreifen und gegen den tiefen Eingriff in das Leben der jungen Menschen zu argumentieren. Es bleibt also ein ambivalentes Fazit: Die Position der grünen Wehrpolitiker ist zwar arg geschwächt, aber gleichzeitig setzen die sechs grünen Spitzenkandidaten um Joschka Fischer das Thema wieder stärker auf die Tagesordnung. Ob den Worten aber bald auch erfolgreiche Taten folgen werden, wird entscheidend von der Zusammensetzung des künftigen Kabinetts und der Meinung des zuständigen Fachministers im Verteidigungsministerium abhängen.


   

Weiterführende Links:
   Bündnis 90 / DIE GRÜNEN
   Bundestagsfraktion der Grünen



Leserkommentar von Thomas Bauer
am 10.06.2002
Tiefer Eingriff ins Leben?

Es ist ja geradezu grotesk, dass die Grünen von einem tiefen Eingriff ins Leben sprechen, wenn es um das Thema Wehrpflicht geht. Jeder Jugendliche fährt heutzutage hunderte Kilometer um auf eine bescheuerte Veranstaltung wie die Love-Parade zu kommen. Medien und Kleidungsindustrie drängen ein Leitbild des IN-KÖRPERS auf, und nicht wenige laufen diesem falschen Klab hinterher. Da werden Klamotten zur Lebensfrage, die In-Kneipe, die eigentlich schlecht ist, kostet da schon mal 50 Euro am Abend. Trend-Sport und Szene-Treffs fordern die totale Hingabe, Handys töten jede Kommuniaktionsbereitschaft, weil man lieber mit SMS und Co. in die Welt piept, als sich mit dem Nachbarn zu unterhalten. Und da soll ein 10-monatiger Wehrdienst ein Einfriff ins Leben sein? 10 Monate, die für viel den ersten Kontakt mit Dingen wie Vertrauen und Zuverlässigkeit, echte und ernstgemeinte Hilfe in einer Zweckgemeinschaft bedeuten? Während der Kreislaufcollaps auf der Love-Parade total geil ist, möchte sich niemand mit einem Gewehr ins Gras legen, weil es zu anstrengend ist. Doppelmoral der feinsten Sorte. Gerade heute ist der Wehrdienst das Beste was es gibt, um die völlig fehlgeleitete und verkackte Jugend wieder auf Vordermann zu bekommen. Weg vom Hype und hin zu den Basisbedürfnissen. Nach drei Tagen bei Regen im Wald lernt man eine heiße Dusche, ein Bett und ein aufbauendes Wort wieder zu schätzen, Dinge die heute so selbstverständlich geworden sind.

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